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[Kapitel 4 – Die Lizenz, unfreundlich zu sein…]
[17:57] Ich bemühe mich, wieder aufzustehen. Aber ich bin einfach zu schwach. Reglos bleibe ich auf dem Boden liegen, genauso wie vor 11 Tagen. Genau so. Liegen. Etwa 20 Minuten.
Ich kann nicht einschlafen. Mir reicht’s. Ich nehme meine ganze Kraft zusammen und stehe auf. Ja, ich kann stehen! Ein Wunder! Ich kann gehen! Hoffentlich noch lange, bevor ich wieder zusammenbreche! Manche Tränen tropfen auf meinen Pyjama, was nicht sehr schön aussieht. Ich weine immer noch wie ein kleines Baby. Ich entscheide mich, etwas zu essen. Nach diesem Zusammenbruch bin ich richtig hungrig geworden. Es hört sich an, als wäre ich wieder glücklicher. Es ist aber nicht so, ich kann das Gefühl nicht beschreiben. Jede Sekunde ein Stich ins Herz – oder so ähnlich…
Langsam steige ich die Treppe herunter und versuche, nicht hinunter zu stürzen. Plötzlich verliere ich das Gleichgewicht. Jetzt werde ich wahrscheinlich auch noch die Treppen hinunter fallen, klasse! Doch meine Hände retten mich noch in letzter Sekunde durch den schnellen Griff zum Stiegengeländer. Dieser Tag geht mir schon so auf die Nerven! Wütend und gleichzeitig traurig laufe ich in der Hoffnung, dass ich noch mal stolpere, in die Küche.
Doch wenn ich einen absichtlichen Fehler machen will, konzentrier ich mich darauf noch mehr, keinen zu machen. Was für eine Ironie!
Ich öffne den Kühlschrank, um mir ein Sandwich zubereiten zu können. Ich nehme die Wurst heraus und lege sie auf einem Brett. Brot und eine kleine Flasche Soße kommen natürlich auch auf dem Brett. Ich bereite alles vor, was ich brauche. Hoffentlich schaffe ich es, ein Sandwich zu machen. Gar nicht mal so leicht…
Hm, zuerst kommt das Brot. Dann… ist doch egal! Ich hau einfach alles irgendwie rein. Für das Sandwichmachen gibt es doch keine offiziellen Regeln, oder? In kürzester Zeit bin ich fertig. Wegräumen brauche ich nicht, das macht schon Melanie. Oh… nein… das mach ich dann später… .Jetzt kommt‘s mir wieder hoch. Ich muss schon wieder weinen!
Ich will nicht weinen! Überzeugt davon, nicht zu weinen, nehme ich mein Sandwich in die Hand und setze mich hin. Das schmeckt super! Da kann ich doch gleich in einem Kochwettbewerb antreten! Naja, ein bisschen übertrieben, aber das wird schon… Fürs Kochen interessiere ich mich sehr, doch wenn ich die Zutaten nicht hab, gibt’s Fastfood. Während ich das Sandwich esse, bemerke ich erst jetzt, wie laut ich esse. Ich schmatze direkt... Ich fresse, ja, das ist der richtige Ausdruck Plötzlich verschlucke ich mich und muss irrsinnig husten. Zum Glück bekomm ich das Stückchen noch runter. Heute wäre ich fast von der Stiege runtergefallen und hätte sterben können...
Im Haus herrscht Stille. Kein Wunder, ist auch keiner da, außer mir… Nachdem ich mit dem Sandwich fertig bin kommt mir die Idee, rauszugehen und ein bisschen zu spazieren. Ein kleiner Rundgang um das Dorf tut jedem gut, da gibt’s nichts auszusetzen. Ich ziehe mich noch schnell um und gehe hinaus. Ich muss mich beeilen, da es bald dunkel wird.
Mir wird es jetzt klar, wie wenig Hobbys ich habe. Kinder aufpassen, das ist …ähm… war meine Tagesbeschäftigung. Ich überlege mir, wo ich hingehen soll. Vielleicht ein kleiner Trip durch den Wald statt durchs Dorf. Ja, genau, im Wald ist es viel stiller als im Dorf und ich kann mich entspannen.

[18:34] Ich muss unbedingt ein fröhliches Gesicht aufsetzen und alle entgegenkommenden Leute begrüßen. Immerhin kann ich zuhause weinen, was das Zeug hält, aber die Öffentlichkeit will ich nicht mit rein beziehen. Eigenartigerweise schauen mich alle Leute bei meiner freundlichen Begrüßung merkwürdig an… Kein Wunder, dieses Dorf heißt ja auch Merkwürdighausen. Trotzdem verstehe ich nicht, warum sie so schauen… Nur wegen meiner Freundlichkeit werde ich etwa fragwürdig angeschaut? Hat man nach einem Tod die Lizenz, unfreundlich zu sein??? Das ist doch verrückt. Ich sammle nur Fragen, Antworten bekomme ich keine… Entsetzt setze ich meine Reise fort.
[19:00] Plötzlich bemerke ich, dass es dunkel geworden ist. Dabei bin ich erst im Wald angekommen! Ich hab die Länge der Strecke wohl ein bisschen unterschätzt. Eigentlich könnte ich hier auch übernachten. Auf mich wartet sowieso kein Mensch… Ach, egal. Ich gehe einfach ein bisschen in den Wald, es ist ja nicht so, dass ich gar nichts sehen würde… Auf einmal höre ich ein schreckliches Geräusch… In den Wald zu gehen war eindeutig die falsche Entscheidung!

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